DaVincis Code: Morula Lisa

Roland Spohn, Aquarell, 31,5 x 24 cm, 2008

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DaVincis Code: Morula Lisa

Acht-Zellen - oder wenig später das 32-Zellen-Stadium - und junger Erwachsener: Zwei Portaits, zwei Momentaufnahmen im Leben eines Menschen von der Eizelle bis hin zum Greis.

Im Bild überlagern und durchdringen sie sich am Beispiel des wohl berühmtesten Gemälde der Welt - Morula Lisa oder Morul(is)a.

Das erste, frühe Portrait besteht aus einer Kugel völlig identischer, noch nicht ausdifferenzierter Zellen,
eingebettet in Nährzellen und befindet sich auf seinem Weg zur Gebärmutter. Das ganze genetische Programm, jede Einheit des genetischen Codes
ist in jeder der wenigen Embryo-Zellen noch vollständig umsetzbar, jede Zelle besitzt noch das umfassendste Potential - die Omnipotenz - ihrer Ausprägung,
Entwicklung, Gestaltung und Funktion. Doch dieser menschliche Zellhaufen besitzt noch keine äußerlich erkennbare Individualität, kein Gesicht,
seine Gestalt lässt sich von der eines anderen Wirbeltieres in diesem frühen Stadium noch nicht unterscheiden.

Der junge Erwachsene dagegen hat ein Gesicht, sein individuelles Gesicht, und wird sofort von anderen unterschieden.
Er ist eingebettet in seine Zeit und das Geflecht seiner Mitmenschen und befindet sich auf seinem Weg durch das Leben,
der ihn am Ende zurück in den Schoss von Mutter Natur führt. Er ist genetisch zwar weitgehend ausgeprägt, Kontakte mit Krankheiten, Nahrungsmitteln oder Arzneien können jedoch sein
genetisches Programm immer noch modifizieren. Auf der anderen Seite lernt er stets von Tag zu Tag Neues und ändert seine Ansichten und Wertvorstellungen,
neue Lebenserfahrungen lassen ihn weiter reifen. Sein Gehirn reift mit ihm und ändert seine Verknüpfungen mit jeder neuen Lerneinheit oder jedem Vergessen.
Der Erwachsene besitzt also ebenfalls wie der Embryo ein schier unerschöpfliches Potential der Weiterentwicklung – jedoch eher im geistigen und
Wissensbereich als in der Genetik. Und immer noch besitzt er in seinem Körper, wie zu Beginn seiner Existenz, nicht ausdifferenzierte Zellen,
die adulten Stammzellen, die abgestorbene Zellen jeden Typs ersetzen können.

Welches der beiden Portraits zeigt mehr „Mensch“, welches springt mehr ins Auge?
Unsere rasche Antwort scheint deutlich urteilen zu können: Das Gesicht des jungen Erwachsenen!

Doch, sind die acht gleichen Zellen kein Mensch oder weniger Mensch? Dürfen wir ihnen das Prädikat „Mensch“ verweigern? Ihr Potential, zu einem reifen Wesen heranwachsen zu können (wie einst etwa zu dem Genie Leonardo da Vinci) ist weit größer,
die Möglichkeiten sind offener als die eines Erwachsenen. Von daher sind diese acht Zellen vielleicht sogar ehr- und bewunderungswürdiger.
Das Wunder bei ihnen liegt erst in der Zukunft, in dem, was in ihnen steckt, was sie einmal ausbilden können, was aus ihnen im Laufe der Zeit werden kann.

Der Erwachsene ist in seiner Gegenwart ein Wunder, er ist ein bereits realisiertes, wenn auch noch nicht vollendetes Wunder des Lebens.
Er ist bereits ein Sieger des Lebens, er durfte „zur Welt kommen“, wurde geboren und nicht schon vorher von der Natur ausgeschieden,
so wie etwa 70% aller Schwangerschaften natürlich abbrechen. Somit ist er der Zellenkugel weit voraus. Seine Möglichkeiten einer Weiterentwicklung
jedoch scheinen begrenzter, er ist von daher vielleicht definierter und determinierter, weniger offen.

Die wenigen gleich gestalteten Zellen des Zellhaufens erscheinen uns schutzbedürftiger, da sie von sich aus noch nicht überlebensfähig
und auf den schützenden Kokon des Mutterleibes angewiesen sind.

Der mündige Mensch ist für sich und sein Handeln, vielleicht auch für sein Überleben, heutzutage meist selbst verantwortlich.
Wenn nun ein Abbruch der Weiterentwicklung passiert, wo trifft er uns mehr – beim Zellhaufen oder beim Erwachsnen? Hier scheiden sich die Geister,
Wertevorstellungen und Gemüter sehr!